Sonntag, 19. Februar 2012

Hotel

Ein Hotel in einer mittelgroßen Stadt: Die Vorderseite des Hauses blickt auf die Gleise des nahegelegenen Bahnhofs, seine Rückseite auf die bewaldeten Berge über der Stadt. Im Zimmer ist es heiß, stickig, riecht nach Reinigungsmitteln. Das Zimmer liegt auf der Rückseite. Summen von Belüftungsanlagen.

Es war leicht, das Zimmer zu buchen und zu beziehen. Keine Fragen. Bargeld. Eine Adresse, die von einer Shampooflasche abgeschrieben worden sein könnte. Niemanden interessiert, was in einem solchen Zimmer tatsächlich geschieht. Der Sex, der dort stattfinden könnte, ist ein redliches, verschwitztes Sich-Mühen. Eine Frau haucht dabei unablässig Liebesbekundungen in dein Ohr. Es gibt wohl kaum etwas, das mehr "abtörnt", als solche Liebesschwüre zu hören, während du das Wesen, das sie halb weggetreten vor Lust unablässig ausstößt, überhaupt nicht liebst. Der zugehörige "Liebesakt", der - siehe oben - nur ein einseitiger sein kann und deshalb keiner ist, bringt dir keine Befriedigung. Vielleicht ein, zwei Höhepunkte. Aber keine Befriedigung.

Vielleicht ist das auch deshalb so, weil alles von Anfang an so vorhersehbar war. Und jeder Moment, jede Geste, jedes Stöhnen und Aufbäumen es noch ist. Immerhin birgt das Vorhersehbare einen Trost: Auch das Ende des Abends im Hotelzimmer ist als vorhersehbar angelegt. Sein "Wann" und sein "Wie". Und so lässt sich die Zeit bis dahin aushalten. Wenn es auch eine schale, dumpfe Zeit ist. Drei, vier Stunden - du willst ja weder unhöfliche noch "geizig" mit deinen "Zuwendungen" erscheinen. Dann ist alles vorbei. Das Wasser der Dusche rinnt über deinen Bauch, deine Beine. Du weichst deinem Blick im Badezimmerspiegel - eine von diesen fensterlosen Nasszellen - aus.

Ein warmer Nachtwind weht unter einenm sternenlosen Himmel. Du lässt die Keycard auf dem Tresen liegen und trittst hinaus auf den Platz vor dem Hotel. Bahnhofsgeräusche. So kurz vor Mitternacht hast du nur noch drei basale Bedürfnisse: Bier, Pizza und Schlafen. Bier und Pizza lässt du aus. Dein Elan reicht nicht mehr aus, das zu organisieren. Was vielleicht auch vernünftiger ist. Bleibt der Schlaf. Etwas hungrig, doch froh, etwas später allein im Bett zu liegen...

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